Die Einkommensgrenze, ab der man zwischen einer gesetzlichen und einer privaten Krankenversicherung wählen kann, wird jährlich der Entwicklung der Gehälter angepasst. Im Jahr 2022 liegt sie für einen Privatpatient bei einem Jahresgehalt von 64.350 Euro. Wer als Arbeitnehmer weniger verdient, muss sich zwingend gesetzlich versichern. Zu beachten ist auch, dass für private Krankenversicherungen kein Kontrahierungszwang besteht. Die Anbieter können also frei entscheiden, wen sie in ihre Versicherung aufnehmen. Der häufigste Ablehnungsgrund sind bestehende Vorerkrankungen. Daher findet vor Vertragsabschluss eine umfangreiche Gesundheitsprüfung des möglichen Privatpatient statt.
Ein Privatpatient profitiert hauptsächlich von mehr Komfort
Der wesentliche Vorteil als Privatpatient besteht in erhöhtem Komfort. Bei einem stationären Krankenhausaufenthalt sehen die meisten Tarife der privaten Krankenversicherungen die Unterbringung in einem komfortablen Einzelzimmer vor. Darin enthalten sind auch weitere Zusatzleistungen, die beispielsweise die Verpflegung oder die Ausstattung des Zimmers mit einem Internetzugang inklusive Endgerät betreffen. Auch die Chefarztbehandlung, die als Privatpatient ebenfalls zum Standard gehört, ist eher als Komfortleistung einzuschätzen. Wenn die behandelnden Oberärzte in schwierigen Fällen auf die Unterstützung des Chefarztes tatsächlich angewiesen sind, spielt der Versichertenstatus keine Rolle.
Schnellere Terminvergabe für einen Privatpatient
Deutliche Vorteile genießt ein Privatpatient bei der Vergabe von Terminen bei Fachärzten. Dass man als Privatpatient schneller eine Termin bekommt, wurde in zahlreichen Studien nachgewiesen. Allerdings gilt dies nur für Termine, die Patienten selbst vereinbaren. In dringenden Fällen können Patienten alternativ über ihren Hausarzt einen Termin vereinbaren. Wer vom Hausarzt als dringender Fall beim Facharzt angemeldet wird, bekommt auch als Kassenpatient schnell einen Termin.
Ist die medizinische Behandlung von einem Privatpatient besser?
Fest steht, dass Ärzte sich durchschnittlich für einen Privatpatient mehr Zeit nehmen als für Kassenpatienten. Ein Grund dafür besteht darin, dass private Krankenversicherungen meist auch Behandlungen und Vorsorgeuntersuchungen übernehmen, die gesetzlich Versicherte als Zusatzleistungen aus eigener Tasche bezahlen müssen. Allerdings gibt es meist gute Gründe dafür, dass der Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung diese Leistungen als medizinisch nicht notwendig einstuft. Ob man als Privatpatient also besser behandelt wird oder ob sie eher überflüssigen Zusatzbehandlungen unterzogen werden, ist ein Streit unter Medizinern, der hier nicht geklärt werden kann. Eine wichtige Ausnahme bilden neue Therapien, beispielsweise in der Tumorbehandlung. Diese werden erst in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen, wenn ihre Wirksamkeit durch Studien hinlänglich belegt ist. In Einzelfällen kommt es daher vor, dass ein Privatpatient früher vom medizinischen Fortschritt profitieren.
Finanzielle Aspekte der privaten Krankenversicherung
Während gesetzliche Krankenversicherungen direkt mit den Ärzten, Kliniken und sonstigen Leistungserbringern abrechnen, muss man als Privatpatient zunächst in Vorleistung gehen. Sie erhalten eine Rechnung, die sie zunächst selbst begleichen müssen. Anschließend wird ihnen der Betrag von ihrer privaten Krankenversicherung erstattet. Soweit die Theorie. Die Versicherer haben längst darauf reagiert, dass längst nicht jeder die teilweise sehr hohen Beträge vorstrecken kann. Heute werden Zahlungsvorgänge in der Regel sehr schnell bearbeitet, weswegen ein Privatpatient das Geld meist innerhalb der Zahlungsfrist erhält und nicht in Vorleistung treten muss. Bei teuren Krankenhausbehandlungen legen Privatpatienten der Klinik lediglich eine Kostenübernahmeerklärung ihrer Versicherung vor. Die Klinik rechnet dann direkt mit der Versicherung ab.
Risikofaktor Beitragsentwicklung
Jung, gesund, hohes Einkommen – so sieht aus Sicht der privaten Krankenversicherung der ideale Privatpatient aus. Wer jung und gesund ist, profitiert tatsächlich zunächst immer vom Wechsel in die private Krankenversicherung. Er kann zusätzliche Leistungen in Anspruch nehmen und zahlt sogar noch weniger Beiträge. Erste Schatten fallen auf diese eindeutige Bilanz, wenn vielleicht Kinder und sogar noch ein nicht berufstätiger Ehepartner hinzukommen. Diese sind in der gesetzlichen Krankenversicherung kostenlos mitversichert. Bei den privaten Anbietern sind Familienmitglieder zusätzlich zu versichern.
Ein weiteres Risiko wartet im Alter. Wer als Angestellter bis zum 55 Lebensjahr unter die Einkommensgrenze fällt und dadurch versicherungspflichtig wird, kann relativ problemlos in die gesetzliche Krankenversicherung zurück wechseln. Nach dem 55 Lebensjahr ist dieser Rückweg verschlossen. Wer dann Einkommenseinbußen hinnehmen muss, kann die Beiträge für seine private Krankenversicherung oft nicht mehr aufbringen. Der Gesetzgeber hat einige Regelungen getroffen, um dieses Problem zumindest ein wenig zu entschärfen. So müssen die Versicherungen für Privatpatienten beispielsweise in jungen Jahren Rücklagen bilden, um den Anstieg der Beiträge im Alter zu dämpfen. Außerdem müssen die privaten Versicherungen als Notausgang einen Basistarif anbieten, der nicht teurer sein darf als der Höchstbeitrag der gesetzlichen Krankenversicherung.
Alle diese Regelungen mildern die Probleme, wenn aus dem jungen gesunden Privatpatient mit hohem Einkommen irgendwann der alte kranke Privatpatient mit niedrigem Einkommen werden sollte – sie beseitigen sie aber nicht. Schlimmstenfalls droht der Notlagentarif, der nur noch die Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzen abdeckt.
Ana Karen Jimenez ist Redakteurin beim Deutschen Coaching Fachverlag und hat ihren Bachelor in Literaturwissenschaften und Spanisch an der Eberhard Karls Universität Tübingen abgeschlossen. Sie ist in den Magazinen für lesenswerte Ratgeber und vielfältige Kundentexte verantwortlich.