Dabei ist wirre Nomenklatur in der IT-Welt Tradition. Start-ups wählten zu Dotcom-Zeiten Fantasiewörter wie Zynga, Flickr oder Zillow; Forschungsinitiativen sitzen auf Akronymen, die teils an Muppet-Figuren erinnern. Und Tech-Tycoon Elon Musk etwa taufte seinen „anti-woke“-Chatbot sarkastisch „Grok“, ein Begriff aus seinem Lieblings-Sci-Fi-Roman, der für tiefes Verstehen steht, aber außerhalb der Tech-Blase kaum Wiedererkennung bietet. Google wiederum betitelte seine neue KI-Technologie „Gemini“ – offiziell wegen der griechischen Zwillingsmythologie, wohl eher jedoch als Anspielung auf das Mercury-Nachfolgeprogramm der NASA.
Aus Marketingperspektive sind konventionelle Bezeichnungen wie Microsofts „Copilot“ oder OpenAIs eventueller Plan, sich künftig schlicht „Chat“ zu nennen, erfahrungsgemäß userfreundlicher. Doch das Problem: Bereits Apple, Alphabet (Google) oder X (ehemals Twitter) zeigen, wie unkooperativ die Öffentlichkeit auf derlei Umbenennungsaktionen reagiert. Gleichwohl besteht Hoffnung, dass sich in den kommenden Jahrzehnten ein pragmatischer Trend durchsetzt – zumindest wenn die Branche eines Tages die kindliche Lust am Kuriosen überwindet.
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Samuel Altersberger ist Redakteur beim UnternehmerJournal. Vor seiner Arbeit beim DCF Verlag war er bereits sechs Jahre als freier Autor tätig und hat während dieser Zeit auch in der Marketing Branche gearbeitet.
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