„Das Zahlungsverhalten der Unternehmen hat sich im laufenden Jahr verschlechtert. Wir beobachten derzeit vermehrt ein liquiditätsschonendes Verhalten seitens der Firmen“, kommentiert CRIF Deutschland Geschäftsführer Dr. Frank Schlein die aktuellen Zahlen. Die Firmen leiden weiter unter den erheblich gestiegenen Energiekosten, den Herausforderungen in den Lieferketten und der starken Inflation. Hinzu kam die Konsumzurückhaltung bei den Verbrauchern, die aufgrund der hohen Energiepreise und der Inflation weniger Geld zur Verfügung hatten. Die resultierenden Kaufkraftverluste belasteten die Unternehmen ebenfalls. „Die finanzielle Lage vieler Unternehmen wird auch negativ durch gestiegene Produktionskosten, höhere Personalausgaben und einen Anstieg der Zinsen beeinflusst“, so Dr. Schlein.
Deutschlands Unternehmen gewähren ihren Gläubigern im Durchschnitt ein Zahlungsziel von 26 Tagen. Bei Nicht- oder Spätzahlern werden Rechnungen derzeit erst nach durchschnittlich 45 Tagen bezahlt. „Unternehmen warten dadurch weitaus länger auf das Geld, als ursprünglich einkalkuliert. Damit werden sie unfreiwillig zum Kreditgeber ihrer Kunden“, erklärt Dr. Schlein.
Unternehmen in Schleswig-Holstein weisen den höchsten Zahlungsverzug auf
Es zeigen sich regionale Unterschiede beim durchschnittlichen Zahlungsverzug. Schleswig-Holstein führt im 1. Halbjahr 2023 dabei die Liste an – mit einer durchschnittlichen Verzögerung von 26,4 Tagen (1. Halbjahr 2022: 19,3 Tage) bei Zahlungszielen. Ebenso zahlen Unternehmen in Berlin (durchschnittlich 26 Tage verspätet; 1. HJ 2022: 22,5 Tage) und Brandenburg (22,3 Tage; 1. HJ 2022: 17,1 Tage) ihre Rechnungen mit erheblichem Verzug. In Sachsen-Anhalt hingegen sieht die Situation am besser aus. Dort zahlen die Unternehmen im Durchschnitt nur mit einer Verspätung von 13,5 Tagen (1. HJ 2022: 14,5 Tage).
8,9 Prozent der Unternehmen zahlen Rechnungen nicht oder nur mit Verspätung
Unabhängig vom durchschnittlichen Zahlungsverzug zeigt die Analyse von CRIF, dass in Deutschland derzeit 8,9 Prozent der Firmen die Rechnungen nicht oder nur mit Verspätung bezahlt. In Berlin ist die Quote der Nicht- und Spätzahler mit 16,5 Prozent (1. HJ 2022: 13,6 Prozent) am höchsten. Auch in Hamburg ist die Quote mit 12,5 Prozent (1. HJ 2022: 10,5 Prozent) höher als der Bundesdurchschnitt. Am besten ist die Zahlungsmoral derzeit in Thüringen – hier zahlen nur 5,7 Prozent der Unternehmen die Rechnungen nicht oder verspätet (1. HJ 2022: 5,5 Prozent).
Baugewerbe und Logistik mit schlechter Zahlungsmoral
In den ersten sechs Monaten des Jahres hat sich eine unterschiedliche Entwicklung in der Zahlungsmoral verschiedener Branchen gezeigt. Laut der aktuellen CRIF Auswertung weisen insbesondere die Bereiche Baugewerbe, Logistik, Gastgewerbe und Erbringung von wirtschaftlichen Dienstleistungen eine schlechtere Zahlungsmoral als der Durchschnitt auf. Vergleichsweise besser ist das Zahlungsverhalten in der Energieversorgung und im verarbeitenden Gewerbe.
Folgen nicht bezahlter Rechnungen
Das schlechte Zahlungsverhalten von Unternehmen belastet oft die mittelständischen und kleingewerblichen Betriebe. Dies liegt daran, dass ein Mangel an Liquidität, der beispielsweise durch verspätete oder unbezahlte Rechnungen entsteht, als eine der häufigsten Ursachen für Insolvenzen gilt. Zusätzlich bedeuten nicht oder zu spät bezahlte Rechnungen durch Kunden oder Auftraggeber einen erhöhten Verwaltungsaufwand und zusätzliche Kosten für die betroffenen Unternehmen.
Im schlimmsten Fall kann sich ein Teufelskreis entwickeln, da Unternehmen durch verspätete Zahlungen ihrer Kunden länger als geplant auf ihre eigenen Investitionen verzichten müssen oder sogar Bestellungen nicht bedienen können. Dies kann bei kleinen Unternehmen zu einer wirtschaftlichen Schieflage führen.
CRIF geht derzeit von bis zu 17.000 Firmeninsolvenzen in Deutschland im Jahr 2023 aus. Das wäre ein Anstieg von knapp 17 Prozent im Vergleich zum Jahr 2022.
Datengrundlage
Die Daten für diese Auswertung kommen aus dem Deutschen Debitoren Monitor (DDMonitor). Der DDMonitor ist eine B2B-Wirtschaftsdatenbank, in die alle Teilnehmer die mit ihren Geschäftspartnern gemachten Zahlungserfahrungen anonymisiert einliefern und so ein zu überwachendes, individuelles Kundenportfolio erstellen. In den DDMonitor werden von den Teilnehmern säumige Zahler mit der durchschnittlichen Anzahl an Überfälligkeitstagen und der durchschnittlichen Summe eingemeldet.